SIND DIE GäSTETAXEN IM ZITTAUER GEBIRGE BALD SO HOCH WIE AUF SYLT?

Im Naturpark Zittauer Gebirge soll ab 2024 eine digitale Gästekarte eingeführt werden. Das könnte Folgen für Urlauber und Gemeinden haben.

Peter Kunze ist verärgert. Der bekannte Volksmusik-Star und Hotelier aus Waltersdorf im Zittauer Gebirge glaubt seinen Augen nicht zu trauen, was er da liest in der E-Mail aus dem Büro der Touristischen Gebietsgemeinschaft (TGG) Naturpark Zittauer Gebirge: Gemeinsam mit der Marketinggesellschaft Oberlausitz (MGO) arbeiten die Touristiker der TGG an der Einführung einer "OberlausitzCard". Das bedeutet: Eine digitale Gästekarte für Urlauber und Übernachtungsgäste. "Erst hab' ich gedacht: Tolle Idee!", sagt Peter Kunze. "Aber dann ..."

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Der Waltersdorfer zieht die Brauen hoch: Beim Weiterlesen nämlich stellt er fest: Außer einem kostenlosen öffentlichen Nahverkehr gibt es offenbar für die Gäste keine weiteren Vergünstigungen. Dafür aber sind die Kosten für die Einführung dieser neuen Karte so hoch, dass Urlauber für die von ihnen zu zahlende Taxe künftig zwischen 2,50 und 3,20 Euro pro Person und Nacht hinblättern müssten. "Das sind Preise wie auf Sylt, das geht doch nicht", findet Peter Kunze. Auf der beliebten Urlaubsinsel in der Nordsee werden 3,70 Euro Gästeabgabe verlangt, Tagestouristen zahlen sogar 4 Euro. Kunze weiß, dass er längst nicht der einzige Hotelier im Zittauer Gebirge ist, der solche Bedenken hat.

Fest steht: Eine Gästekarte gibt es für Oybin mit Lückendorf, Jonsdorf, Olbersdorf und Großschönau mit Waltersdorf schon jetzt - allerdings nicht digital, sondern herkömmlich auf Papier. Initiiert wurde sie vor acht Jahren von der Gemeinde Oybin, längst wird sie auch von den anderen Gebirgsgemeinden genutzt. Dass das eingespielte System jetzt geändert werden soll - Bürgermeister Tobias Steiner (SPD) ist nicht dagegen. Allerdings empfindet auch er die zu erwartenden Kosten als sehr hoch. Außerdem müssten einige Punkte beachtet werden, ohne deren Einbeziehung Oybin nicht zustimmen könne, stellt er klar.

1,40 Euro beträgt die Gästetaxe bisher in Oybin. Künftig soll für den ÖPNV ein weiterer Euro aufgeschlagen werden. Hinzu kommen 20 Cent für den Dienstleister der elektronischen Gästekarte. Macht zusammen 2,60 Euro, die je Person und Nacht zu zahlen wären. Die Höhe der Taxe ist jedoch Sache jeder Gemeinde. Olbersdorf berechnet 1,50 Euro. Jonsdorf hat erst diesen Monat beschlossen, den seit 2015 geltenden Preis um 0,50 Euro zu erhöhen. So werden ab 1. April 1,90 Euro fällig. Grund sind gestiegene Kosten, auch für touristische Baumaßnahmen. "Wir versuchen mit den Einnahmen den Gästen etwas zu bieten", sagt Bürgermeisterin Kati Wenzel (Freie Wähler).

Gebirgsexpress muss mit einbezogen werden

Hotelier Peter Kunze kritisiert: "Wie sollen wir den Gästen diese Summen denn vermitteln?" Dem Preis stehe viel zu wenig entgegen. Auch mit dem dann kostenlos nutzbaren ÖPNV hat er seine Schwierigkeiten: 95 Prozent der Gäste kämen mit dem eigenen Auto und würden im Zittauer Gebirge eher den „Roten Bus“ nutzen. Der aber sei privat finanziert und falle damit nicht unter die Vergünstigung.

Dieses Problem hat sich auch Oybin für künftige Verhandlungen notiert. "Private Angebote wie der Gebirgsexpress - auch die Schmalspurbahn - müssen in die elektronische Gästekarte einbezogen werden. Für uns als Gebirgsgemeinden ist das sonst nicht darstellbar", sagt Tobias Steiner. Bauchschmerzen hat der Bürgermeister zudem mit den dann digital vorliegenden Daten. "Das ist sicherlich schön und mag auch Vorteile für Statistik und Marketing bringen. Aber in Datenschutzzeiten muss man sich fragen: Wollen wir das überhaupt?" Für ihn sei wichtig, das Meldewesen im eigenen Ort zu behalten. "Wenn ich hier Tourist wäre, würde ich jedenfalls nicht wollen, dass jeder mit meinen Daten operieren kann."

Auch deshalb fordert Oybin, dass allen 13 innerhalb der TGG infrage kommenden Kommunen ihre eigene Digitalebene gelassen wird. Untereinander müssten sie jedoch kompatibel sein. "Die Strukturen und Bedingungen in den einzelnen Orten sind so unterschiedlich, dass man das nicht verallgemeinern kann", so Steiner weiter. Schon bei den Beherbergungsbetrieben gebe es eine große Bandbreite - von den überwiegend kleinen Ferienhäusern und Pensionen im Gebirge bis zu den größeren Hotels hauptsächlich in der Stadt. Und er sieht die Gefahr, dass potenzielle Gäste abwandern - von Orten mit höherer Taxe wie im Gebirge zu Orten mit geringerer Gebühr. "Wenn die Betten in Jonsdorf, Oybin und Waltersdorf leer bleiben und die Leute stattdessen vergleichsweise nah, aber eben preisgünstiger in Bertsdorf-Hörnitz, Mittelherwigsdorf oder Oderwitz übernachten, haben wir nichts gekonnt."

Dass die Einführung einer Regionsgästekarte ein äußerst sensibles Thema ist, bestreitet auch Thomas Zenker (Zkm), Vorstandsvorsitzender der zur Modellregion auserkorenen TGG Naturpark Zittauer Gebirge, nicht. Die Vorbereitung des Projektes befinde sich jetzt in der entscheidenden Phase. "Ob es zur Umsetzung kommt, ist offen", meint Zittaus Oberbürgermeister. Denn: "Im März finden noch mehrere Gespräche mit TGG-Mitgliedskommunen statt." Nur wenn es gelinge, alle grundlegenden Fragen transparent zu klären und die Gemeinden mit ihren sehr individuellen Gegebenheiten sinnvoll einzubinden, sei es möglich, die angestrebte Karte zu etablieren.

Konkretes zu den Vergünstigungen für die Gäste stehe derzeit noch nicht fest. Diese würden aktuell kalkuliert und verhandelt. Neben dem kostenfreien ÖPNV sieht Zenker einen Mehrwert vor allem durch Zusatzleistungen der touristischen Infrastruktur. Datenschutzbedenken dagegen hat er eher nicht. Vielmehr hofft er auf Synergien durch die Verknüpfung des Systems mit bestehenden Plattformen. Außerdem könne der Gast die Karte als App auf sein Handy laden und auch damit alle Funktionen nutzen.

Kosten für Gästetaxe mit Augenmaß entscheiden

Ein Knackpunkt bleibt jedoch die Höhe der künftigen Gästetaxe, die zur Finanzierung des digitalen Angebotes unbedingt nötig ist. Die Kosten dafür setzen sich laut Zenker aus dem je Kommune unterschiedlichen Teil für ortsübliche Leistungen, einem Anteil für Freizeiteinrichtungen, den ÖPNV, außerdem für Systemkosten und Marketing zusammen. Deutschlandweit liege der Durchschnitt für all dies bei etwa drei Euro, teilweise würden aber auch fünf Euro verlangt. Zenker weiß: "Wir müssen das mit Augenmaß gestalten. Für unsere Gäste muss das noch finanzierbar sein."

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